Der Untertitel ihres Buches lautet: »Erfolgsprinzipien in einer fluiden Welt«. Was genau ist mit fluider Welt gemeint?
Paul M. Achleitner: Vor circa 20 Jahren erschien der Bestseller »Die Welt ist flach« von Thomas L. Friedman, in dem die Globalisierung als de facto unumkehrbarer Trend beschrieben wurde. In der Zwischenzeit mussten wir lernen, dass die Realität komplexer ist. Die Welt ist nicht einfach nur flach, sondern ändert sich ständig – sie ist fluid.
Politische Konflikte, technologische Innovationen und staatliche Interventionen verändern wirtschaftliche Erfolgsfaktoren zum Teil dramatisch. Soziale Medien, permanente Transparenz und künstliche Intelligenz erfordern darüberhinaus einen neuen Führungsstil. Institutionen und Individuen müssen heute nicht nur den traditionellen Leistungsanspüchen gerecht warden, sondern laufend ihre gesellschaftliche Legitimität verteidigen.
In ihrem Buch versammeln sie über sechzig Management-Grundsätze. Kann man sagen, es ist die »Quintessenz« ihrer langjährigen Erfahrung als Manager, Aufsichtsratsvorsitzender, Investor und Start-up-Gründer?
Paul M. Achleitner: Es sind Beobachtungen aus den vier Jahrzehnten meiner beruflichen Tätigkeit, die ich versuche so aufzubereiten, dass sie auch für andere relevant sind. Man kann meines Erachtens persönliche Erfahrung nicht einfach weitergeben. Man kann aber helfen, die Erfahrung Dritter zu beschleunigen.
Sie möchten mit Ihrem Buch einen Beitrag zu einer positiveren anpackenden Haltung leisten und diagnostizieren der Wirtschaft (den Wirtschaftslenkern) einen gewissen Pessimismus. Was gibt aus Ihrer Sicht Anlass für mehr Optimismus?
Paul M. Achleitner: Karl Popper hat einmal gesagt: »Optimismus sei eine moralische Pflicht«. Wenn Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik nicht Zuversicht ausstrahlen und entsprechend anpacken, dürfen wir uns nicht wundern, wenn unsere Gesellschaften in Zukunftspessimismus und Populismus versinken.
Sie geben Impulse zur Reflexion über die Zukunft, die wir bereits in der Gegenwart gestalten. Welche Zukunftsvision möchten Sie mit Ihrem Buch formulieren?
Paul M. Achleitner: Zukunftsvision ist ein großes Wort und ich maße mir hier nichts an. Die Makrotrends Geopolitik, Technologie, Klimawandel, Demographie sind ebenso offensichtlich, wie deren konsequenzen von sozialer Fragmentierung über politischen Interventionismus bis zu steigendem Kapitalbedarf. All das bedarf pro-aktiver Gestaltung im Rahmen demokratischer und marktwirtschaftlicher Strukturen. Mit anderen Worten jede einzelne Führungskraft ist gefordert, ihren Beitrag zu leisten.
Ganz konkret: Wie bringen Sie immer wieder neu Optimismus und frische Gedanken in Ihren Arbeitsalltag?
Paul M. Achleitner: Ich bleibe intellektuell neugierig und habe Freude mit interessanten Menschen zu diskutieren – gern auch kontrovers. Die Unterschiedlichkeit meiner Tätigkeiten hilft mir dabei. Und natürlich meine Frau, die ein steter Quell innovativer Gedanken ist.
Wem möchten Sie Ihr Buch unbedingt empfehlen?
Paul M. Achleitner: Ich richte mich an bestehende Führungskräfte und solche, die es werden wollen. Keiner braucht das Buch von vorn bis hinten zu lesen. Jeder kann sich diejenigen Beobachtungen heraussuchen, die für sie oder ihn besonders relevant erscheinen.
Vielen Dank für das Gespräch!