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»Ein Workshop kann Anstoß eines Veränderungsprozesses sein« Katja Paar

Workshops sind tolle Werkzeuge für alle, die gemeinsam etwas bewegen wollen. Wer schlaue Workshops machen kann, besitzt die Superkraft für erfolgreiche Zusammenarbeit. Doch was braucht es eigentlich, damit ein Workshop so richtig gut gelingt? Katja Paar gibt uns einen exklusiven Einblick in ihr Buch »Workshops machen«

»Ein guter Workshop ist kein schlechtes Meeting«, sagen Sie. Was macht einen guten Workshop aus?

Katja Paar: Zunächst ist ein Workshop eine Veranstaltung, bei der gemeinsam etwas erarbeitet wird. Ein Workshop ist weder ein Training, noch ein Meeting, noch eine Präsentation. Obwohl es natürlich Mischformen gibt, die großartig sein können. Bei einem Workshop gibt es eine moderierende Person, die inhaltlich nicht beteiligt ist und die für den passenden Ablauf sorgt. Ich sage hier absichtlich nicht »reibungslos«, denn Spannungen können durchaus erwünscht sein.
Ein Workshop ist zudem interaktiv und keine Frontalbeschallung, das heißt, die Teilnehmer:innen arbeiten einen Großteil der Zeit aktiv und gemeinsam an den Inhalten. Idealerweise in spielerischer Form, denn das Spielerische weckt andere Ressourcen in uns und erlaubt uns, die Perspektive zu wechseln und kreativ zu werden. Ich persönlich ziehe allerdings eine Grenze bei Spielen, die nicht zum Kontext beitragen.
Einen weiteren Aspekt halte ich für besonders wichtig: Alle sind gleichmäßig beteiligt und arbeiten auf Augenhöhe. Hier muss die Voraussetzung geschaffen werden, dass Hierarchien – zumindest zeitweise – ausgeblendet werden können. Die Teilnehmer:innen sollen sich als Menschen beteiligen und nicht als Rollen.

 

Workshops eignen sich, in kleinen Schritten wirkungsvolle Kollaborationsmethoden zu erproben. Können sie in Unternehmen auch »Brücken« hin zu neuem Arbeiten oder neuen Strukturen sein?

Katja Paar: Die meisten Menschen, die einmal einen guten Workshop mitgemacht haben, also einen, bei dem die Zusammenarbeit gut funktioniert hat und wertvolle Ergebnisse entstanden sind, wünschen sich mehr davon. Gelungene Kollaboration kann ansteckend wirken, wenn alle merken, dass sogar verfahrene Situationen gemeinsam aufgelöst werden können.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das gefühlte »Versprechen«, das in Workshops entsteht, im Anschluss auch eingelöst wird. Dass zum Beispiel Methoden auch im Arbeitsalltag eingesetzt werden können oder dass den Teilnehmer:innen Zeit gegeben wird, das Neue zu implementieren und zu verbessern.
Ein Workshop kann dann Anstoß oder Teil eines Veränderungsprozesses werden, der zu einer neuen Art des Zusammenarbeitens führt.    

 

Wer sollte den Workshop anstoßen und konzipieren? Wer sollte ihn moderieren?

Katja Paar: Alle, die sich im Klaren darüber sind, dass Menschen die Weisheit und die Kreativität besitzen, komplexe Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Und natürlich fähig sind, das in ihrer Moderation umzusetzen. Ganz gleich ob das Führungskräfte, Teammitglieder oder professionelle Moderator:innen sind – wichtig ist die Haltung, dass Moderation keine autoritäre, sondern eine fragende, eher dienende Position ist. Obwohl man innerhalb dieser Haltung auch durchaus mal autoritär werden darf.

 

Wie schafft man es, in einem Workshop Vertrauen zu schaffen und bestehende Hierarchien für den Moment spielerisch aufzulösen?

Katja Paar: Der Schlüssel für mehr Vertrauen ist Verletzlichkeit. Zum Beispiel wenn die Teilnehmer:innen es schaffen, etwas von sich zu zeigen, das sie als Mensch auszeichnet. Eine Kleinigkeit genügt oft schon.
Anstelle einer klassischen Vorstellungsrunde, kann eine meiner Lieblingsmethoden eingesetzt werden: Dazu hänge ich Fragen an die Wand und fordere die Teilnehmer:innen auf, kurz nacheinander ihren Namen und ihre Funktion zu nennen und dann eine oder zwei der Fragen zu beantworten. Die Fragen sind so gestrickt, dass sie auf Leidenschaften, schöne Erlebnisse oder manchmal sogar Gefühle abzielen. Je nach Reifegrad der Gruppe, kann die Tiefe variiert werden.

Das kann ganz simpel sein, zum Beispiel: Was ist dein Lieblingsessen? Langsam steigern kann man mit: Was war dein bestes Urlaubserlebnis? Wofür hast du als Kind Geld ausgegeben? Was war Dein kuriosester Studentenjob? Fortgeschritten sind dann Fragen wie: Was bewegt Dich am meisten, wenn du an das vergangene Projekt denkst? Wenn der Vorstand mit leuchtenden Augen von seinem ersten Job als Animateur auf einem Kreuzfahrtschiff erzählt, gewinnen die Mitarbeiter unerwartete Einblicke, die dazu führen, dass der Mensch hinter der Rolle sichtbar wird. Menschliches Erleben ist für alle identisch. Wir erkennen uns darüber gegenseitig, und das schafft den Anfang für ein vertrauensvolles Miteinander.

 

Was ist das beste Mittel gegen Blabla?

Katja Paar: Das beste Mittel gegen Blabla ist, wenn die Moderation dafür sorgt, dass die Beitrags- oder Redeanteile gleichmäßig verteilt sind. In klassischen Meetings wird die Redezeit in der Regel von Menschen blockiert, die gerne Monologe halten. Das führt nicht nur zu Frust, sondern auch zu schlechten Ergebnissen.
Um Redeanteile möglichst gleichmäßig zu verteilen, kann man kann am Anfang eine Runde machen, in der sich jede:r reihum zu einer Frage äußert. Dann kostet es später weniger Überwindung, sich wiederholt aktiv zu beteiligen. Oder man kann Verantwortungsrollen verteilen. Die Am-Thema-bleiben-Beauftragte oder der Time-Keeper.
Die effektivste Möglichkeit, auch Introvertierte zu Wort kommen zu lassen ist, sie vorher über ihren Beitrag nachdenken zu lassen. In Kleingruppen oder schriftlich – zum Beispiel per Post-It-Beitrag.

 

Ihr Buch »Workshops machen« ist inspirierend gestaltet, klar formuliert und hält eine Fülle von konkreten Tipps parat. Wem möchten Sie das Buch unbedingt empfehlen?

Katja Paar: Die Leser:innen des Buchs sind zum Beispiel Projektmanagerinnen, Lehrer, Teamleiterinnen, Führungskräfte, professionelle Moderatorinnen oder Vereinsvorstände. Ich empfehle es allen, die in Teams oder Gruppen arbeiten und gemeinsam mehr erreichen möchten.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

 

Katja Paar ist selbstständige Workshop-Moderatorin, Organisationsberaterin und war langjährige Head of Strategy & User Experience Design bei einer Berliner Digitalagentur. Sie hilft Teams und Organisationen mit menschenzentrierten Methoden, Potenziale zu entfalten, Ziele zu erreichen und gute Zusammenarbeit zu verwirklichen.

 

24.11.2023

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