Sie haben Ihr erfolgreiches Buch »Die CEO-Bewerbung. Karrierebeschleunigung ohne Netzwerk und Headhunter« komplett überarbeitet veröffentlicht. Was hat sich in den letzten Jahren entscheidend verändert?
Nane und Jürgen Nebel: Einiges! Es fällt auf, dass die Entscheider – vielleicht krisenbedingt – mit vielen zusätzlichen Aufgaben belastet sind und immer weniger Zeit haben, ausführliche Lebensläufe zu lesen. Unsere Klienten verschicken daher keine mehrseitigen Lang-CVs mehr. Ganz zu schweigen von Klemm-Mappen mit Zeugnissen, Weiterbildungsnachweisen etc. Mappen sind auf C-Level bestimmt schon seit zehn Jahren out. Verschickt werden nur noch 2-seitige CVs, ergänzt um eine 2-seitige Übersicht der Beiträge zu den Erfolgen in den bisherigen Unternehmen. Daher ist es umso wichtiger geworden, die entscheidenden Informationen so gekonnt zu verdichten, dass sie zu Einladungen führen.
Sie sagen: Für CEOs gelten andere Bewerbungsregeln. Was genau ist der zentrale Unterschied?
Nane und Jürgen Nebel: Der wichtigste Unterschied auf diesem Hierarchie-Level ist die Intransparenz des individuellen Marktes! Der sogenannte verdeckte Stellenmarkt wird auf mindestens 80 Prozent geschätzt. Das heißt, der bei weitem größte Teil aller aktuellen C-Level-Vakanzen wird nie öffentlich ausgeschrieben und ist daher über den klassischen Bewerbungsweg unerreichbar. In unserem Buch beschreiben wir, wie durch Direktansprache der jeweiligen Zielgruppe ein Großteil dieser Vakanzen identifiziert werden kann. Hieraus folgt unmittelbar der zweite große Unterschied im Bewerbungsverhalten für das C-Level: Dort zählen vor allem Erfolge! Nur mit einer überzeugenden Erfolgsdarstellung werden diese Bewerbungen von den Entscheidern überhaupt gelesen. Der Schlüssel muss ins Schloss passen!
In den letzten Jahren ist es uns gelungen, CVs und Erfolgsdarstellung – also den Schlüssel – noch einmal pointierter und damit noch wirkungsvoller zu gestalten. Das Buch zeigt den aktuellen Stand unserer Methode mit Graphiken und Übersichts-Tabellen, die offensichtlich von den Entscheidern gelesen werden und zu Einladungen zu Vorstellungsgesprächen führen. Damit der Leser für sich seinen eigenen Schlüssel zum verdeckten Stellenmarkt feilen kann, haben wir in der Neuauflage einen neuen, umfangreichen dritten Teil angefügt. Dort wird Schritt für Schritt erklärt, wie der CV aufzubauen ist und wie die Inhalte zu strukturieren sind.
Das heißt also selbst aktiv werden und nicht auf Jobbörsen-Stellenangebote warten oder auf den vielzitierten »Anruf des Headhunters«?
Nane und Jürgen Nebel: Richtig! Wer sich auf den offenen Markt beschränkt oder sich »ansprechen lässt«, stirbt in Schönheit. Zumindest vergibt er den Großteil der möglichen Karrierechancen, die neue, größere Verantwortungen bei anderen Unternehmen bieten würden! Das ist die Karrierefalle Nummer eins, dem Glaubenssatz zu erliegen: »Gute Manager lassen sich ansprechen!« Den Markt in eigener Sacht nicht aktiv anzusprechen, ist schon paradox, denn dieselben Manager machen genau das für die Produkte und Leistungen der Unternehmen, für die sie bislang Verantwortung getragen haben: Direktansprache!
Wie macht man in einem Markt auf sich aufmerksam, in dem man vor allem von Headhuntern gefunden wird?
Nane und Jürgen Nebel: »Vor allem« ist nicht ganz richtig. Unsere Statistik zeigt seit Jahren unverändert, dass nur etwa die Hälfte der 10 bis 20 Erstgespräche mit Personalberatern geführt werden. Die andere Hälfte spricht gleich nur mit den Entscheidern in den Unternehmen, weil sie diese auch direkt angeschrieben hat.
Übrigens ist die Direktansprache genauso bei Executive Search-Beratern sinnvoll und wirksam: man wartet nicht auf deren Anruf, sondern schickt ihnen aktiv einen CV zu. Allerdings den besonders gestalteten für C-Level und obere Führungskräfte.
In ihrem Buch formulieren Sie die sieben Prinzipien der CEO-Bewerbung, wie Souveränität, Performance, Transparenz. Gibt es ein Königsprinzip oder sind alle gleichermaßen wichtig?
Nane und Jürgen Nebel: Performance – ganz klar! Was zählt sind Erfolge! Bisher erzielte Erfolg für andere Unternehmen. Gerne einzelne Erfolge aneinandergereiht, aber besonders ansprechend für die Entscheider in den Unternehmen sind ganze Erfolgsstorys, also mehrere zusammenhängende Erfolge. Geschichten, Erfolgsgeschichten lesen Menschen nun einmal besonders gerne. Das gilt auch für obere Führungskräfte. Wie das genau geht, beschreiben wir in unserer Neuauflage.
In ihrem Buch gibt es viele hilfreiche Fallbeispiele – sind es konkrete Fälle aus Ihrer Beratungspraxis?
Nane und Jürgen Nebel: Klar doch! Wir denken uns keine Erfolgsgeschichten aus. Wir erleben sie und haben diejenigen ausgewählt, die besonders anschaulich sind und daher unseren Lesern weiterhelfen. Wir schreiben die Erfolgsstorys gut strukturiert auf, so dass die Ursachen, die Wirkzusammenhänge verstanden werden können. Und das aus einem einzigen Grund: Zum Nachmachen! Schon seit der ersten Auflage erreichen uns immer wieder E-Mails von Lesern, die sich bei uns bedanken, dass es mit dem von uns beschriebenen Vorgehen bei ihnen so gut geklappt hat, eine neue Führungsposition zu finden und dabei sogar auswählen zu können!
Wir berichten also ausschließlich über konkrete Fälle, freilich anonymisiert. Wir sind Praktiker, wir sind Empiriker, keine Theoretiker. Wir kommen schließlich beide genau aus diesen Verantwortungsebenen, deren Führungskräfte wir heute zu einer neuen Verantwortung verhelfen.
Gibt es ein »zu spät« für den Sprung in die C-Klasse?
Nane und Jürgen Nebel: Ganz klar: »Nein«! Was zählt, sind Erfolge! Gerade in Krisenzeiten! Und wer schon länger Verantwortung trägt, hat mit größerer Wahrscheinlichkeit beides erlebt: Sanierungen und Turnaround genauso wie Erschließen und Expansion in neue Märkte – und sei es, wie aktuell besonders gefragt, als Ersatz für dauerhaft weggebrochene Absatzmärkte.
Ein »zu spät« gibt es nicht. Aber wir sehen immer wieder, dass Manager, die noch nicht auf die 60 zugehen, signifikant mehr Einladungen erhalten. Also besser ist es, seinen Markt nicht erst am Ende der Karriere für den letzten Sprung zu bearbeiten, sondern schon in mittleren Jahren. Der Return on Investment ist naturgemäß wegen der längeren »Restlaufzeit« auch viel lohnender!