Business

»Ein Dojo ist der Ort, an dem sich emotionale Klarheit mit strategischer Weitsicht verbindet.« Ronny Schönig

Führungskräfte müssen durch turbulente Zeiten navigieren. Sensei und Coach Ronny Schönig hat mit seinem Buch »Business-Dojo für Führungskräfte« einen Leitfaden entwickelt, auf dem Führungskräfte in sieben Stufen zu mehr innerer Stärke und Wirksamkeit gelangen. Im Interview mit campus.de berichtet Schönig ausführlich über sein Buch.

Für eine Führungskraft ist es wichtig, in turbulenten Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren. Wie können hier die Traditionen der Samurai weiterhelfen?

Ronny Schönig: In der heutigen Zeit sind Führungskräfte mehr denn je gefordert. Globale Wirtschaftskrisen, digitaler Wandel, politische Unsicherheiten und der steigende Innovationsdruck erzeugen einen ständigen Sturm an Herausforderungen. Wer hier nicht gefestigt ist, wird vom Strudel der äußeren Umstände mitgerissen. Doch genau an diesem Punkt setzen die Prinzipien der Samurai an.

Ein Samurai war ein Meister der Kontrolle – nicht nur über sein Schwert, sondern über sich selbst. Sein Geist war klar, sein Körper ruhig, sein Handeln entschlossen. Er hatte keinen Einfluss auf das Wetter des Krieges, aber er konnte steuern, wie er im Sturm stand.

Das Konzept des Dojos, als Raum der Selbstreflexion und Selbstwirksamkeit, gibt Führungskräften genau diesen Anker. In einer Zeit, in der Unternehmen mit wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten, Fachkräftemangel und Nachhaltigkeitsdruck kämpfen, braucht es nicht mehr blindes Reagieren, sondern achtsames Agieren. Ein Dojo ist der Ort, an dem sich emotionale Klarheit mit strategischer Weitsicht verbindet. Wer sich regelmäßig diesen Raum mental oder physisch nimmt, wird nicht nur stressresistenter, sondern trifft auch klügere Entscheidungen.

Samurai folgten dem Prinzip des »Fudoshin«, des »unerschütterliche Geistes«. Dieses Prinzip lehrt Führungskräfte:

  • Ruhe zu bewahren, wenn andere kopflos werden.
  • Emotionen als Werkzeuge nutzen, nicht als unkontrollierte Reaktionen.
  • Den Blick auf das Wesentliche schärfen und den Energiefluss gezielt lenken.
  • Souveränität aus der Stille heraus entwickeln.

Während andere Führungskräfte von äußeren Erwartungen und schnellen Trends überrollt werden, schafft das Business-Dojo die Basis für nachhaltige, wirksame Führung. Denn wer seine eigene Mitte findet, verliert sich nicht im Chaos der Welt.

 

Der Titel Ihres Buches lautet »Business-Dojo für Führungskräfte«. Was finden die Führungskräfte in diesem Raum?

Ronny Schönig: Im Business-Dojo finden Führungskräfte nicht einfach nur einen Raum – sie finden einen Weg. Einen Ort, an dem sie sich aus dem Strudel des Tagesgeschäfts lösen, um Klarheit zu gewinnen. Denn wahre Führungsstärke entsteht nicht durch hektisches Reagieren, sondern durch bewusstes, entschlossenes Handeln. Moderne Führungskräfte stehen unter enormem Druck und wer in diesem Sturm nicht verankert ist, wird hin- und hergerissen. Doch genau hier setzt das Business-Dojo an. Es ist ein mentales und strategisches Trainingsfeld, in dem sich innere Ruhe und äußere Wirksamkeit verbinden.

Wie ein Samurai, der nicht ziellos das Schwert schwingt, sondern in jeder Bewegung Klarheit, Kontrolle und Entschlossenheit zeigt, lernen Führungskräfte hier, die richtige Balance zwischen Reflexion und Umsetzung zu finden. Denn Reflexion ohne Tatkraft bleibt Theorie und blinde Tatkraft ohne Strategie führt ins Chaos.

Im Business-Dojo geht es darum:

  • Sich selbst besser zu führen, um andere klug zu leiten.
  • Einen klaren Kopf zu bewahren, wenn um einen herum Chaos herrscht.
  • Entscheidungen mit Weisheit zu treffen – nicht aus Panik oder Druck heraus.

Wer das Business-Dojo als physischen oder mentalen Raum betritt, verändert seine innere Haltung. Denn wer sich regelmäßig diesen Raum nimmt, wird nicht mehr von äußeren Erwartungen getrieben, sondern führt mit Souveränität, Klarheit und unerschütterlicher Kraft.

Es ist ein Raum für Klarheit, Balance und innere Stärke. Führungskräfte lernen hier, dass wahre Stärke nicht nur im äußeren Kampf liegt, sondern auch in der Meisterung des eigenen Selbst.

 

Ist ein bestimmtes Mindset nötig, um innere Stärke und Selbstwirksamkeit zu entwickeln?

Ronny Schönig: Ja! Alles beginnt bei uns selbst – mit der Entscheidung: »Ich übernehme Verantwortung!«

Innere Stärke ist kein Zufallsprodukt. Sie ist das Ergebnis einer bewussten, disziplinierten Haltung und eines Mindsets, das nicht von äußeren Umständen abhängig ist. Wer darauf wartet, dass sich die Welt um ihn herum beruhigt, um endlich klar und souverän zu führen, wird immer in Unruhe bleiben. Das gilt auch für diejenigen, die anderen die Schuld zuweisen und ihre eigenen Möglichkeiten nicht erkennen. Wer sich hingegen entscheidet, unabhängig von äußeren Turbulenzen seine eigene Stabilität zu kultivieren und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, wird zu einem Felsen in der Brandung.

Das Mindset eines Siegers ist das Mindset eines Kampfkünstler und der wartet nicht auf Sicherheit, er schafft sie in sich selbst. Sein Geist ist wachsam, sein Fokus klar, seine Handlungen entschlossen. Genau diese Haltung braucht eine moderne Führungskraft. Denn die Herausforderungen der heutigen Zeit und wirtschaftliche Unsicherheit belohnen diejenigen, die klug agieren. Dieses Mindset bedeutet:

  • Disziplin in der Selbstführung, denn nur wer sich selbst führen kann, kann andere führen.
  • Bewusste Wiederholung, denn wahre Stärke entsteht durch Praxis, nicht durch Theorie.
  • Selbstvertrauen, das aus Erfahrung wächst, wie in der Kampfkunst, wo jedes Training und jede Wiederholung der Übung die Balance stabiler macht.

Wer dieses Mindset kultiviert, handelt nicht impulsiv, sondern mit Weitblick. Er geht nicht jedem Kampf nach, sondern wählt ihn bewusst. Er erkennt, dass wahre Wirksamkeit nicht darin liegt, ständig mehr zu tun, sondern mit Klarheit und Fokus das Richtige zu tun. Das ist der Unterschied zwischen einem Getriebenen und einem Kampfkünstler.

 

Ihr Buch enthält sieben Stufen der Entwicklung. Wie lautet die erste – womit also fängt man an?

Ronny Schönig: Die erste Tempelstufe lautet: »Erwartung und Handeln – die Energie folgt der Aufmerksamkeit.« Es geht darum, die eigenen Erwartungen und Ziele zu erkennen und gezielt zu steuern. Kampfkünstler machen sich nicht von äußeren Meinungen abhängig, sondern definieren ihr Ziel und verfolgen es fokussiert. Wer als Führungskraft wachsen will, muss sich bewusst fragen: »Worauf lenke ich meine Energie?« Wer ziellos handelt, wird vom Leben hin- und hergeworfen.

 

Als Sportler wissen Sie, dass nicht jeder Angriff mit einem Gegenangriff beantwortet werden muss. Was heißt das für den Alltag von Führungskräften?

Ronny Schönig: Führung bedeutet nicht, auf jede Provokation einzugehen. Wer in jedem Konflikt sofort zurückschlägt, verbrennt vielleicht unnötig Energie. Stattdessen hilft es, den Moment zu analysieren: »Dient es meinem Ziel, jetzt zu reagieren?« Manchmal ist der klügere Weg, loszulassen, sich neu zu positionieren – oder den Gegner mit seiner eigenen Energie ins Leere laufen zu lassen.

 

Wie praktisch wird es in Ihrem Buch – lehren Sie Techniken der inneren Sammlung oder Entscheidungsfindung?

Ronny Schönig: Ja, dein Buch ist nicht nur Theorie, sondern es ist ein Trainingsbuch für den Geist. Es enthält Übungen, die helfen, eine ruhige, stabile Haltung in stressigen Momenten zu bewahren. Es sind Übungen, die zeigen, wie man sich mental verankert, mit Schmerz umgeht, Atemtechniken nutzt und Klarheit findet. Diese Methoden helfen Führungskräften, auch in schwierigen Situationen souverän zu bleiben.

 

Was gehört zu Ihrer täglichen Routine als Führungskraft – sowohl in Bezug auf Ihre Mitarbeiter:innen als auch auf sich selbst?

Ronny Schönig: Morgens starte ich mit einer Schale Oolong-Tee, dann praktiziere ich Meditation und Tai-Chi oder Kampfsport-Workout. Mit einer wachen Haltung und klarem Geist beginnt für mich der Arbeitstag.

Tagsüber versuche ich, immer wieder achtsam im Alltag zu sein und Herausforderungen sowie Entscheidungen reflektiert anzunehmen. Das ist ein Übungsprozess, der manchmal weniger gut gelingt, aber oft sehr wirkungsvoll ist.

Abends reflektiere ich: War ich heute fokussiert? Habe ich mich treiben lassen oder meine Richtung gehalten? Jeder Tag ist eine Chance, aus Erfahrungen zu wachsen. Wichtig ist jedoch, dass wir uns dies bewusst machen, um uns weiterentwickeln zu können.

Gibt es ein asiatisches Zitat, das Sie schon länger begleitet?

Ja, ein Sprichwort ist meines Erachtens sehr treffend für die heutige Zeit: »Harte Zeiten formen starke Menschen, Wohlstand macht sie schwach.«

Dieses asiatische Sprichwort ist mehr als nur eine Weisheit, denn es ist ein Prinzip, das sich in der Kampfkunst ebenso zeigt wie in der Führung. Ohne Widerstand gibt es kein Wachstum. Ein Schwert wird nur durch kontinuierliches Schleifen scharf. Ein Kämpfer wird nur durch beständiges Training stark. Wer aufhört, sich zu fordern, verliert nach und nach die Präzision, die Schnelligkeit und die Schärfe, sowohl im Kampf als auch im Leben.

Auch in der Führung ist es ähnlich, denn Erfolg und Wohlstand können zur Falle werden. Sie wiegen uns in Sicherheit, sie laden uns in die Hängematte des Erreichten ein. Doch wer es sich zu bequem macht, verliert den inneren Antrieb zur Weiterentwicklung. Die Disziplin schwindet, die Wachsamkeit nimmt ab und plötzlich kehrt sich der einst erarbeitete Wohlstand gegen uns.

Kampfsportler hören nicht auf zu trainieren, selbst wenn sie ungeschlagen sind, denn sie wissen: »Jeder Kampf beginnt mit der Vorbereitung.«

Auch eine Führungskraft muss diesen Geist bewahren. Regeneration ist wichtig, aber sie darf nicht in Trägheit übergehen. Es braucht eine gesunde Balance aus Phasen der Ruhe, um Kraft zu schöpfen, und Phasen der Anstrengung, von Fleiß und Disziplin, um immer bereit zu sein.

Der Schlüssel liegt darin, niemals selbstgefällig zu werden. Stark zu bleiben bedeutet, dranzubleiben. Nur wer beständig an sich arbeitet, sei es körperlich, mental oder strategisch, wird nicht nur Erfolg haben, sondern ihn auch halten können.

 

Wir danken Ihnen für dieses interessante Gespräch.

12.03.2025