In Ihrem neuen Buch für und von Führungskräften »Neue Kraft für Manager« geht es um Techniken, wie man als Chef oder Chefin auch noch jahrelang mit seinem Job glücklich sein kann. Warum denken Sie, dass vielen Managern heute schon früh die Luft ausgeht?
Maren Lehky: Ich glaube, dass Führung deutlich kräftezehrender geworden ist und Führungskräfte sich heute noch mehr bewusst werden müssen, dass sie sich auf einer Marathonstrecke und nicht im Sprint befinden.
Vergleicht man dann allerdings, wieviel Kraft sie jeweils einsetzen und wieviel Energien die vielen komplexen und stressigen Aufgaben unter Zeitdruck fordern, dann reicht die Energie eher für Kurzstrecken als für den langen Weg.
Die Ursachen liegen meines Erachtens darin, dass die Führungsspannen größer geworden sind, dass wir immer schneller reagieren müssen, dass Führungskräfte häufig ohne Assistentinnen arbeiten und jede Menge selbst managen. Das fängt schon beim Beantworten der zahlreichen E-Mails per Zweifingersystem an und geht hin bis zum Erstellen von Powerpoint-Präsentationen. Neben diesem dringlichen und kleinteiligen Alltag wird Führung immer komplexer. Menschen werden anspruchsvoller, was die Behandlung durch ihren Chef anbelangt und sind gleichzeitig ebenso gestresst und benötigen viel mehr Unterstützung, Wertschätzung und Betreuung als noch vor vielen Jahren.
Und zu Recht fordern sie dieses auch deutlicher ein. So wird der Druck in der Sandwichposition immer größer. Leider macht dies auch vor privaten Situationen nicht Halt, so dass das Leben an sich kräftezehrender wird.
Wie oft haben Sie die Frage »Wie schaff‘ ich das noch 20 Jahre?« in Ihrem Training und Coaching von Führungskräften schon gehört? Ist das ein neuer Brennpunkt unserer Gesellschaft?
Maren Lehky: Diejenigen, die um die zehn Jahre im Job sind und noch 20 bis 30 Jahre vor sich haben, fragen sich tatsächlich immer öfter, wie sie diese Tätigkeit und diese Verantwortung noch viele Jahre fruchtbar gestalten können. Dass es ein neuer Brennpunkt unserer Gesellschaft ist, glaube ich nicht unbedingt. Ich vermute eher, dass diese Frage in einem gewissen Alter aufkommt, wenn man sich klar macht, wie anstrengend es heute schon ist und wie viele Jahre oder Jahrzehnte man noch vor sich hat. Hinzu kommt, dass wir heute offener mit diesen Themen umgehen und spätestens seit der öffentlichen enttabuisierten Diskussion über Burnouts jeder immer wieder reflektiert, wo seine Grenzen sind und wie es um seine Kraft bestellt ist.
Nennen Sie uns Ihre drei besten Tipps: Wie kann man sich als Führungskraft von den Ärgernissen mit und über den Chef am besten lösen?
Maren Lehky: Mein erster Tipp wäre, sich einzugestehen, dass man seinen Chef nicht ändern kann und dieses bitte auch nicht versuchen sollte, da es erfahrungsgemäß schief geht und mehr Widerstand und Stress verursacht als zu nützen.
Der zweite Tipp wäre anzuerkennen, dass der Chef oder die Chefin ist, wie er oder sie ist und dass dieses auch positive Seiten hat. Hilfreich ist dabei, sich vorzustellen, welche Vorteile der Vorgesetzte für seine Tätigkeit oder den Aufenthalt in seiner Hierarchiestufe mitbringt, was er für das Team Gutes tut und wie er vielleicht unsere eigenen Fähigkeiten und Stärken ergänzt. Eher auf die positiven Seiten zu fokussieren und sich an den negativen Auswirkungen des Führungsstils nicht aufzureiben, ist sicherlich kräftesparend.
Als drittes würde ich empfehlen, sich bei sehr schwierigen Chefpersönlichkeiten mit Verhaltensweisen, die kaum zu ertragen sind, vorzustellen, man befände sich in einem Terrarium und würde ein seltenes Wesen hinter einem Panzerglas betrachten. So hat man eine automatische Distanz zwischen sich und dem Chef und man kann beobachten ohne zu bewerten und vor allen Dingen ohne selbst zu sehr angefasst zu sein. Das funktioniert meistens recht gut. »Oh schau, jetzt verfärbt es sein Gesicht rot.« Oder »Oh, da ist sie wieder, die Frage, die er hasst und gleich wird er hektisch werden.« Diese Beobachtung lässt die trennende und damit schützende Wand zwischen uns bestehen und wir schaffen es, es nicht sofort persönlich zu nehmen.
Ein wunderbarer Tipp, der mir oft hilft, ist, zu denken: Derjenige, der unerträglich ist, muss mit sich sein ganzes Leben auskommen. Wir hingegen nur in diesem einen Meeting oder in diesen Minuten. Damit wird das Problem sofort kleiner.
Wann raten Sie Ihren Teilnehmern oder Klienten, dass sie ihren Job besser verlassen sollten oder kommt das bei Ihnen nicht vor?
Maren Lehky: Grundsätzlich werde ich extrem selten gefragt, ob es Sinn macht, den Job zu verlassen, denn die meisten Klienten im Coaching oder Teilnehmer in Workshops entscheiden das für sich selbst und wissen viel besser, wann der Punkt erreicht ist. Außerdem würde ich mir niemals anmaßen, ihnen diesen Tipp zu geben. Häufig gibt es sehr gute Gründe, genau dort zu bleiben wo man ist, auch wenn es anstrengend oder sehr fordernd oder aufreibend ist.
Jeder muss sein Leben selbstverantwortlich gestalten. Aus meiner Sicht ist immer dann ein Punkt erreicht, über einen Wechsel nachzudenken, wenn man erhebliche Schwierigkeiten mit dem eigenen Wertesystem hat und zu einer Verhaltensweise veranlasst wird, die man nicht mittragen kann und/oder die vielleicht sogar gesetzeswidrig oder gefährlich wäre. Das wären sicherlich Gründe, über einen Jobwechsel nachzudenken.
Ansonsten finde ich hilfreich, sich klar zu machen, dass man auch in sehr schwierigen Situationen immer etwas lernen kann, dass einem später noch nützt. So macht manchmal eine schwierige Zeit wiederum Sinn für einen langfristigen Blick.
Was war Ihre größte Erkenntnis in Ihrer Arbeit als Unternehmensberaterin und Manager-Coach?
Maren Lehky: Meine größte Erkenntnis ist gleichermaßen eine sehr schlichte Erkenntnis, nämlich zweierlei: Zum einen ist einer meiner Leitsätze: »Wer Menschen beschäftigt, kommt nicht umhin, sich mit Menschen zu beschäftigen«, und es sind immer wieder die menschlichen Themen, Erwartungen, Wünsche, Sehnsüchte, Frustrationen, die zu Konflikten und kräftezehrenden Meetings oder Gesprächen führen. Zum zweiten ist eine zentrale Erkenntnis, dass die Lösung von Themen häufig sehr schlicht und einfach ist, und, dass es weder Hexenwerk noch besonders große Budgets braucht, um wirklich wirksam etwas zum Thema Führung und Zusammenarbeit zu verändern.
Zur Person:Maren Lehky war viele Jahre als Personalleiterin tätig, zuletzt als Geschäftsleitungsmitglied eines internationalen Industrieunternehmens. Seit 2002 ist sie Inhaberin einer Unternehmensberatung für Personalmanagement und trainiert und coacht Führungskräfte zu Leadershipthemen.
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