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»Härte zahlt sich nicht aus, wenn Sie andere überzeugen wollen.« Marie-Theres Braun

Wie gewinnen Sie Sturköpfe für Ihre Ideen? Wie holen Sie Teammitglieder, die auf ihrer Meinung beharren, ins Boot? Woher kommen überhaupt die vielen Widerstände, die uns im Alltag begegnen? Und warum eskalieren Diskussionen offline und online so schnell? Marie-Theres Braun zeigt anhand von realen Beispielen aus Beruf und Alltag die Macht der kooperativen Gesprächstechniken. Für campus.de hat sie exklusiv ein paar Tipps und Beispiele zusammengestellt.

>>> Vom Kampf- in den Wir-Modus

Härte zahlt sich nicht aus, wenn Sie andere überzeugen wollen. Gerade wenn Sie es mit festgefahrenen Ansichten zu tun haben, kommen Sie mit einer »harten Kante« nicht weiter. Ihr Gegenüber wird sich dann erst recht gegen Ihre Sicht der Dinge wehren. Mit kooperativen Techniken ist es dagegen möglich, Diskussionen zu entschärfen und selbst schwierige Menschen zu »knacken«.

Mein Tipp!
Schalten Sie vom Kampf- in den Wir-Modus: Betonen Sie Gemeinsamkeiten. Die verbinden und schaffen eine Vertrauensbasis. Haben wir etwas gemeinsam, lassen wir uns auch leichter überzeugen. Hintergrund: Menschen der gleichen Gruppe vertrauen sich gegenseitig mehr. Wir lassen uns eher von Freunden überzeugen.

Wie das geht?  

  • Sprechen Sie nicht von »Sie« und »Ich«, sondern vom »Wir«: »Wir als Mitarbeitende dieses Unternehmens«, »Wir als diejenigen, die dieses Projekt zusammen stemmen«, »Wir als diejenigen, die in dieser Verhandlung ein für alle faires Ergebnis erzielen wollen«.
  • Verzichten Sie auf Etiketten: Nicht Covidioten,Schlafschafe, Kapitalisten, Feministinnen,alte weiße Cis-Männer, Narzissten und Sensibelchen, sondern: Wir als Menschen, die ein gemeinsames Ziel haben. Raus aus dem binären Denken.
  • Schon in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wurde die gleiche Gruppe sprachlich hervorgehoben, ihr Tenor war etwa: »Sie sind weiß und ich bin schwarz, aber wir sind beide Amerikaner, oder nicht?«

Seien Sie moralisch bescheiden und verzichten einmal mehr auf alltägliche Überheblichkeiten:

  • Dämonisierung: »Wer so denkt, ist böse!«
  • Abwertungen: »Das ist zu kurz gedacht«, »Da muss man mal logisch denken.«
  • Unterstellungen: »Das machst du nur, weil …«
  • Belehrungen: »Du hast keine Kommunikationskultur. Du musst mal lernen, wie man sich richtig ausdrückt.«
  • Psychologisieren: »So tickst du also!«
  • Anklagen: »Du bist schuld daran, dass …!«

Sie können sich entscheiden: Möchten Sie den anderen als Idioten dastehen lassen oder überzeugen? Beides zusammen funktioniert nicht.

 

>>> Ja statt Nein

Oft laufen Diskussionen so ab: »Ja, aber« – »Ja, aber«, »Ja, aber«. Beide Seiten reden sich dadurch noch mehr in ihren Positionsgraben hinein. Das Paradoxe: Je mehr Gegenargumente Sie setzen, desto sturer wird der andere, nach dem Motto: »Jetzt erst recht.«

Mein Tipp!
Eines ist klar: Rechthaber wollen nicht überzeugt werden. Rechthaber wollen Recht haben. Aber genau das können Sie im Gespräch für sich nutzen.

Wie das geht? 

  • Geben Sie ihrem Gegenüber Recht in so vielen Punkten wie möglich. So öffnen Sie ihn oder sie für die eigene Argumentation
  • Filtern Sie das Gesagte des anderen durch den Positiv-Filter.

Ein Beispiel: Die Personalerin meldet zurück: »Leider können wir Sie für diese Stelle doch nicht besetzen. Das tut uns sehr Leid.« Der größte Fehler wäre es, durch den Negativ-Fokus zu fragen: »Warum nicht?« Dadurch vertieft die Personalerin ihre Gründe und verfestigt ihre Meinung.
Besser ist eine positive Frage: »Was ist der Grund, dass Sie mich ursprünglich eingeladen hatten?« Damit holt sich die Personalerin die positiven Gründe zurück ins Gedächtnis und Sie sind wieder auf dem Spielfeld.

 

>>> Gegenargumente nutzen

Manche Gegenargumente zielen auf Sie als Person. Sie degradieren Ihre Kompetenz: »Sie sind aus einer ganz anderen Abteilung, das können Sie nicht beurteilen.« Oder »Dafür sind Sie zu jung, das lassen Sie mal die Erfahrenen entscheiden!« Verwandeln Sie Gegenargumente wie diese zu Ihren Gunsten.  

Mein Tipp!             
Lassen Sie Gegenargumente für sich sprechen.

Wie das geht?

Mit der Gerade-weil-Technik: Auf »Sie sind doch viel zu jung!«, antworten Sie: »Gerade weil ich jung bin, kenne ich die neuesten Methoden, um Probleme wie diese anzugehen.« Auf »Sie sind doch aus einer ganz anderen Abteilung!« antworten Sie: »Gerade weil ich aus einer anderen Abteilung bin, kann ich eine andere Perspektive miteinbringen, die hier wertvoll sein kann.«
 

>>> Fragen statt Sagen

Statt zu widersprechen und den Rechtfertigungsmodus des Gegenübers anzukurbeln, fragen Sie. Dadurch nehmen Sie gar keinen Gegenstandpunkt ein, das heißt auch die andere Person muss sich nicht verteidigen. Sie kann Expertin des eigenen Standpunkts bleiben und wird eher bereit sein, eigene Wissensgrenzen zuzugeben.

Mein Tipp!
Wandeln Sie eigene Argumente, die Ihnen in den Kopf schießen in Fragen um.

Wie das geht?

Aus: »Dazu haben wir kein Budget!« wird »Wie viel Budget brauchen wir dafür? Haben wird das?«
Aus: »Dazu fehlen uns doch die Ressourcen!« wird »Welche Ressourcen brauchen wir dafür? Haben wir die?«

 

>>> Überzeugen ist ein Langstreckenlauf 

Manche Menschen vermeiden eine Diskussion, weil sie Angst vor dem Scheitern haben. Dahinter steckt nicht selten die unrealistische Erwartung, dass andere sofort einlenken müssen. Mit dieser Erwartung werden Sie in vielen Fällen tatsächlich scheitern und sich in Gesprächen ohnmächtig fühlen, wenn die andere Person nicht gleich einlenkt.

Mein Tipp!

Lösen Sie sich vom Druck, direkt überzeugen zu wollen, und setzen Sie sich ein realistisches Ziel: »Ich platziere geschickt meine Meinung und lasse sie nachwirken.« Das ist fruchtbarer als das Gegenüber zu zwingen, sofort Ihren Standpunkt einzunehmen. Harte Standpunkte ändern sich nicht über Nacht, sondern mit der Zeit. Außerdem macht es mit einer zu hohen Erwartung keinen Spaß, in Diskussionen zu gehen.
 

Ein ganz besonderes Beispiel

Lesen Sie die Geschichte von Daryl Davis aus meinem Buch. Davis, ein afroamerikanischer Musiker, der in den 80er Jahren während eines Konzerts auf einen Vertreter des Kuklux-Klans traf. 
Er wollte die Mitglieder des rassistischen KuKlux Klans zunächst nur verstehen: »Warum hassen die mich, obwohl sie mich nicht kennen?« Er wollte nicht überzeugen, sondern baute zunächst eine Beziehung auf, indem er offen nachfragte, Zeit mit den Mitgliedern des Klans verbrachte und dabei sogar Gemeinsamkeiten entdeckte. Erst dann platzierte er immer wieder seinen eigenen antirassistischen Standpunkt. Seine Fakten konnten über die Zeit und durch ihre Beziehung wirken. Bis der Klanchef von Maryland irgendwann aufgab und seine Ku-Klux-Klan-Robe ablegte.

 

>>> Neugierig geworden?

In meinem Buch finden Sie viele weitere Beispiele von kooperativen Gesprächstechniken, die Sie im Gespräch mit Menschen, die Recht haben wollen, weiterbringen. Lesen Sie selbst.

 

Marie-Theres Braun ist Trainerin für Rhetorik und Verhandlungsführung. Nach dem Studium der Speech Science leitete sie Moderations- und Interviewtrainings bei einer der führenden deutschen Werbeagenturen. Dort lernte sie zusätzlich das Handwerk der Redaktion und Regie und drehte Unternehmensfilme für einige der größten deutschen Konzerne. Heute berät sie internationale Unternehmen, hält Vorträge und führt Kommunikationsseminare auf dem neuesten Stand der Forschung durch.

14.11.2023

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