Geld ist gleichermaßen Tabu- wie Dauerthema. Offenbar fällt vielen das Sprechen und Nachdenken über Geld nicht leicht. Das wollen Sie mit ihrem Buch »Geld oder Leben« ändern: Wie machen Sie das genau?
Nikolaus Braun: Ich habe mich ganz bewusst entschieden, keinen klassischen Ratgeber zu schreiben, der erklärt, was man mit seinem Geld tun soll. Ich habe mir stattdessen erst einmal überlegt, bei welchen zentralen Lebensbereichen Geld eine wichtige Rolle spielt. Ich habe mich dann entschieden, mich auf die Themen Reichtum, Erfolg, Betrug, Angst, Männer, Luxus und Zeit zu konzentrieren.
Zu jedem dieser sieben Themen habe ich dann erst einen kurzen theoretischen Essay geschrieben und danach vier Geschichten erzählt. Insbesondere die Geschichten ermöglichen dem Leser zu beobachten, wie Menschen mit ihren Finanzen aber vor allem mit ihrem Leben kämpfen, scheitern, sich lächerlich machen, aber eben manchmal auch gegen alle Wahrscheinlichkeit Erfolg haben. Dabei lernt der Leser ganz automatisch, was wir mit unserem Geld machen und was das Geld auch mit uns und unserem Leben macht.
Haben Sie einen Tipp, wie man sich sinnvoll an das Thema Geld nähert, ohne dass es gleich Stress auslöst?
Nikolaus Braun: Man sollte sich in erster Linie zum Geld die richtigen Fragen stellen, also sich weniger den Kopf zerbrechen, wie man möglichst schnell reich wird oder was die nächste heiße Investition ist oder mit welchem Statussymbol man (oder Mann?) am besten seine Nachbarn beeindrucken kann. Stattdessen sollte man sich überlegen, warum Geld für einen wichtig ist, wie man Geld in Erinnerungen, gemeinsame Erlebnisse und Beziehungen tauschen kann und für wen man Verantwortung trägt. Und was die Geldanlage angeht, sollte man sich endlich auf den Weg machen, selbst das kleine Einmaleins zu lernen, als sich von geschulten Verkäufern Phantasiegebäude vorrechnen zu lassen. Das hilft einem hoffentlich, bessere Geldentscheidungen zu fällen den Blutdruck zu senken und Unsinn zu vermeiden.
Geld scheint ein Thema der Extreme, denn manche Menschen denken offenbar so viel über Geld nach, dass sie Glück oder Gesundheit darüber vergessen? Wie findet man das richtige Maß?
Nikolaus Braun: Dass Menschen, die nur dem Geld hinterherhecheln, unglücklich werden, das ist ja ein literarischer Topos und Allgemeinplatz. Letztlich ist uns das allen klar. Trotzdem müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, dass Geld als solches nichts wert ist, sondern nur dann einen Wert bekommt, wenn es als Mittel zum Zweck verwendet wird und dabei einen positiven Einfluss auf unsere Lebensqualität oder die Lebensqualität anderer hat. Geld hat einen abnehmenden Grenznutzen und deshalb ist es ab einem gewissen Punkt rationaler, seinen Fokus auf andere »Währungen« zu legen, insbesondere auf Zeit aber auch auf Dinge wie Bildung, Kultur oder Erlebnisse. Es ist richtig intensiv, über eine so wichtige Sache wie Geld nachzudenken, aber bitte mit den richtigen Fragen und nicht zu häufig – sonst frisst einen das Geld im schlimmsten Fall auf.
Wie sind Sie als Historiker zum Thema Geld gekommen?
Nikolaus Braun: In der Kurzform: weil ich dringend welches brauchte. In der Langform: Zur Geburt meines zweiten Sohnes hat mir damals mein bester Freund eine SMS geschrieben mit den Worten »Double Kids no Income«. Es wurde schlicht Zeit den Elfenbeinturm zu verlassen, sich mit der Gegenwart und der externen Realität anzufreunden, um die Familie zu ernähren. Dass ich am Ende mit einem eigenen Unternehmen und einem erfüllenden Beruf in dieser sonst meist eher beklagenswerten bis geistlosen Finanzindustrie dastehen würde, hätte ich mir damals allerdings beim besten Willen nicht vorstellen können.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zum Autor
Dr. Nikolaus Braun ist seit fast zwanzig Jahren ein Grenzgänger zwischen Geisteswissenschaften und dem Finanzsektor. Der promovierte Historiker machte eher zufällig Karriere bei einer Großbank, die er enttäuscht verließ, als er zum reinen Finanzvertriebler werden sollte. Heute ist er Seniorpartner einer Vermögensverwaltung und Ko-Gründer und -Leiter einer Münchner Honorarberatung, in der er seine Vorstellung einer unabhängigen und ganzheitlichen Vermögensberatung kompromisslos umsetzen kann.
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