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Business

Menschlichkeit im Unternehmen ist nicht ohne Vorleistung zu haben.

Stephan Brockhoff und Klaus Panreck erklären, warum Wertschätzung über den Erfolg von Unternehmen entscheidet. Ihr Fazit: »Menschlichkeit rechnet sich«! Ein Interview mit campus.de

Stephan Brockhoff

Klaus Panreck

Menschlichkeit rechnet sich, lautet die These in Ihrem Buch. Und sie zeigen, dass das tatsächlich auch betriebswirtschaftlich berechenbar ist. Versetzen Sie Ihr Gegenüber damit regelmäßig in Staunen?

Brockhoff/Panreck: Wir sind uns nicht ganz sicher, wie man diesen Gesichtsausdruck nennen soll. Das Zusammenbringen von so genannten harten und weichen Faktoren überrascht vieler Gesprächspartner. Es ist so, als würden wir Magnetfelder sichtbar machen. Auch das geht. Ebenfalls wird von uns nicht gerade erwartet, dass wir uns neben den Zahlen auch mit dem Thema Menschlichkeit und ihrer Berechenbarkeit beschäftigen. Insofern Staunen schon die anderen Gesprächspartner über diese, von uns nicht vermutete Profession oder Kompetenz. Einige der Möglichkeiten von Menschlichkeit in Unternehmen, die wir in unserem Buch ansprechen lösen auch Reaktionen aus,  wie: »Ach, so einfach ist das«.

 

Hermann Scherer nennt Sie in seinem Gast-Vorwort »die außergewöhnlichsten Pioniere der Menschlichkeit« – wie kommt man als Steuerberater von den reinen Zahlen zum Thema  Menschlichkeit?

Brockhoff/Panreck: Im Grunde handelt es sich hier um unseren eigenen höchstpersönlichen Weg in den vergangenen 15 Jahren. Es hat uns immer schon interessiert und bewegt wie wir das Thema Steuerberatung ganzheitlich angehen können. Wir haben frühzeitig erkannt, dass wir es hier gerade in unserem Beruf nicht nur mit Zahlen sondern natürlich auch mit Menschen zu tun haben. Uns zwar schon immer klar, dass Zahlen letztlich das Ergebnis von Handlungen darstellen und diese Handlungen von Menschen ausgeführt werden. Als wir uns erstmalig dem Thema ganzheitlicher Steuerberatung näherten, war es uns zunächst nur wichtig, unsere Kunden, insbesondere Unternehmen, aus der einseitigen Betrachtungsweise, einer Bilanz einer statischen Erfassung von Erfolg oder Misserfolg, herauszuführen. Wir haben erkannt, dass Erfolg in Unternehmen ganz viel mit der Einstellung der beteiligten Person zu tun hat. Und erst dann macht Steuerberatung so richtig Spaß. Nicht zuletzt haben wir durch die Weiterentwicklung unserer eigenen Persönlichkeiten Grenzen überwunden und Potenziale entdeckt, die wir vorher nicht für möglich gehalten hätten.

 

Sie sagen: Unternehmer müssen nicht zwischen Menschlichkeit und Rendite entscheiden. Und laut dem Gallup Engagement Index 2015 kostet die mangelnde emotionale Bindung der Mitarbeiter die deutsche Wirtschaft jährlich zwischen 76 und 99 Milliarden Euro. Ein schlagendes Argument. Woran liegt es, dass es in vielen Unternehmen dennoch an Menschlichkeit fehlt?

Brockhoff/Panreck: Wir glauben, dass es vielen Unternehmern gar nicht klar ist, dass hier überhaupt ein Zusammenhang besteht. In der deutschen Wirtschaft herrscht noch die Einstellung vor, man müsse seine Mitarbeiter kontrollieren oder seine Arbeitskräfte möglichst billig einkaufen um höchstmöglichen Profit herauszuschlagen. Und nicht zuletzt gibt es noch immer in vielen Unternehmen die Einstellung: bin ich zu nett, tanzen die Mitarbeiter mit  auf der Nase herum. Oft fehlt den handelnden Führungskräften auch ein entsprechendes Selbstbewusstsein, ihre Position im Unternehmen, die oft mit Hierarchien zusammenhängt, mal beiseite zu lassen und sich mit den Mitarbeitern auf eine menschliche Ebene zu begeben. Und manchmal fehlt ihnen schlichtweg der Mut dazu. Das hängt möglicherweise damit zusammen, dass die Führungskräfte selber schon überlastet sind, weil sie beispielsweise zu wenig Arbeiten an ihre Mitarbeiter delegieren. Das fehlende Delegieren hat möglicherweise damit zu tun, dass sie ihren Mitarbeitern nicht vertrauen bzw. nichts zutrauen.

Ein weiterer Grund liegt sicherlich darin, dass Investitionen in Menschlichkeit im Unternehmen nur nachhaltig zu messbaren Ergebnissen führen. Außerdem gehe ich als Unternehmer natürlich ein gewisses Risiko ein, da Menschlichkeit im Unternehmen nicht ohne Vorleistung zu haben ist.

 

In ihrem Buch zeigen Sie, wie Unternehmer ihr Unternehmen menschlicher machen können. Kann man Menschlichkeit tatsächlich lernen?

Brockhoff/Panreck: Wir sind der festen Ansicht, dass man Menschlichkeit tatsächlich lernen kann. Allerdings ist Grundvoraussetzung für Lerneffekte eine  entsprechende Haltung des Menschen. Und Lernen hat auch damit zu tun, eigene Blockaden und blinde Flecken abzubauen. Das bedeutet, dass man Menschlichkeit nicht unbedingt wie in einer Schule in einem Frontalunterricht erlernen kann, sondern dass es viel eher der Wille und den Mut des Unternehmers braucht sich damit auseinander zusetzen.

Die von uns entwickelte Menschlichkeitsbilanz bietet einen umfassenden Überblick über die Entwicklung dieses Themas im Unternehmen. Jedes Unternehmen kann diese Bilanz im eigenen Tempo und in der eigenen Ausführlichkeit und mit den eigenen Schwerpunkten erstellen. Oftmals sind erste Erfolge schon zu verzeichnen, wenn sich das Unternehmen nur mit der Erstellung einer Menschlichkeitsbilanz und den darin enthaltenen Faktoren beschäftigt. Über die Erstellung einer Menschlichkeitsbilanz können die Unternehmen lernen, dass Menschlichkeit zu einer positiven Unternehmensentwicklung beiträgt. Und durch die Darstellung dieser Entwicklung in Form einer Bilanz haben wir einen wunderbaren Transfer in die, der Unternehmer so geläufige Zahlenwelt.  Erfolge werden hier schon mit einfachsten Veränderungen sichtbar. Beginnen Sie als Unternehmer nur einmal damit, Ihre Mitarbeiter jeden Morgen freundlich zu Grüßen, wenn sie vorher noch nicht getan haben. Sie werden überrascht sein, welche ersten Veränderungen bei den Mitarbeitern dadurch ausgelöst werden. In diesem Moment können Sie wahrscheinlich noch keinen zusätzlichen Euro in ihrer Gewinn-und Verlust Rechnung verbuchen. Sie können aber ziemlich sicher davon ausgehen, dass sie von Tag zu Tag engagierter und loyalere Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen sitzen haben. Letztendlich ist es kein Lernen von Menschlichkeit, sondern ein Verlernen oder Weglassen alter Denkmuster und Handlungsmuster.

 

Kann man aus Ihrer These, dass sich Menschlichkeit rechnet umgekehrt ableiten, dass Unternehmen, die in Zukunft nicht auf Menschlichkeit setzen insbesondere bei hochqualifizierten Arbeitnehmern keine Chance mehr haben?

Brockhoff/Panreck: Ein klares Ja: davon sind wir fest überzeugt. Wenn Sie allein daran denken, welcher Fachkräftemangel uns in den nächsten Jahrzehnten nach den heutigen Aussichten bevorsteht. Es ist doch klar, dass die Mitarbeiter irgendwann sich die Unternehmen aussuchen können, für die sie arbeiten und nach welchen Kriterien werden Sie diese wohl aussuchen? Ganz bestimmt auch nach den Kriterien der Menschlichkeit. Sicherlich spielt auch das Gehalt eine gewisse Rolle. Nach unserer Erfahrung ist jedoch nur spätestens nach Befriedigung der Grundbedürfnisse das Gehalt nur noch sekundär. In einer aktuellen Befragung steht  ein angemessenes Gehalt, bei den Gründen für Mitarbeiter Zufriedenheit, nur auf der 8. Position.
Außerdem hört die Menschlichkeit nicht an der Unternehmensschranke auf. Diese hat auch Effekte und Ausstrahlungen auf die Kunden und auf das soziale Umfeld des Unternehmens. Und ohne Kunden unser Unternehmen sehr schwer, dauerhaft bestehen. Wie wir unserem Buch auch dargestellt haben, führt Menschlichkeit im Unternehmen auch dazu, dass die Mitarbeiter wieder in die Verantwortung genommen werden bzw. freiwillig gehen. Das hat zur Folge, dass sich die Beteiligten immer mehr zu selbstbewussten und verantwortungsbewussten Mitgliedern des Unternehmens als auch der Gesellschaft entwickeln. Die Ergebnisse sind Kreativität, Innovation und Schnelligkeit. Und diese Faktoren sind für die zukünftige Wirtschaft unerlässlich.

 

Zu den Autoren

Stephan Brockhoff ist Steuerberater und Coach. Zusammen mit Klaus Panreck begleitet er Unternehmen bei der Umsetzung eines menschlichen Führungsstils. Stephan Brockhoff und Klaus Panrecksind die Organisatoren des Kongresses "Wirtschaft ist Leben" und zertifizierte Prozessberater des Förderprogramms »unternehmensWert: Mensch«.

 

 

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10.10.2016

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Menschlichkeit rechnet sich
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