Eine oder einen für immer und ewig. Gibt es das überhaupt?
Wir haben heute keine Garantie mehr, dass eine Liebe ein Leben lang hält. Und das hat interessanterweise dazu geführt, dass Partnerschaften heute beiden Partnern mehr Glück bescheren als zu Zeiten unserer Großeltern. Das ist ein spannendes Ergebnis der Emanzipation. Obwohl wir wissen, dass Beziehungen scheitern können, sehnen sich die allermeisten Menschen nach einer langen und verbindlichen Partnerschaft – also nach Einem für immer und ewig. Wir wollen keinen Lebensabschnittsbegleiter, sondern eine Partnerschaft, die möglichst lange hält. Diese Sehnsucht ist berechtigt – und wenn wir etwas dafür tun, dann können wir es auch erreichen.
Was ist der erste sinnvolle Schritt, wenn ich aus dem Modell Dornröschen aussteigen und einen neuen Partner oder eine neue Partnerin finden möchte?
Die meisten Menschen wollen unter keinen Umständen noch einmal das, was sie zuvor bereits hatten. Sie wollen sich also mit der nächsten Beziehung verbessern. Ich finde das sehr sympathisch. Damit es gelingt, müssen wir zuvor eine Frage beantworten: »Wer passt zu mir?« Wenn wir die Antwort kennen, haben wir eine gute Chance, die nächste Beziehung zu verlängern oder schlicht als besser zu erleben. Perfektion ist von Menschen nicht zu erwarten. Fehler werden wir also immer machen. Und der Partner auch.
Was ist geschehen, wenn sich jeder vermeintliche Prinz als Frosch, jede Prinzessin als lahme Ente entpuppt?
Ich nenne Partner, die nicht zueinanderpassen, gerne die »50-Prozent-Männer« oder die »50-Prozent-Frauen«. Wie man an die gerät? – Es gibt zwei große, breite Wege, die in diese Falle führen. Über dem ersten steht: Hauptsache, er ist erotisch attraktiv.
Wir leben heute in einer Zeit, in der die Erotik sehr wichtig genommen wird. Das ist sie auch, vor allem in langjährigen Partnerschaften. Bei der Partnersuche aber spielt uns das Starren auf die erotische Attraktivität einen Streich. Folgen wir nur der Erotik, dann haben wir nie einen Partner, der auch zu uns passt. Der andere passt immer nur zu 50 Prozent. – So etwas ist nichts von Dauer, da hilft alles nichts. Wer in der Vergangenheit so gehandelt hat, sollte in Zukunft einfach wählerischer werden. Der andere muss charakterlich zu uns passen. Ob er das wirklich tut, ist deutlich schwerer herauszufinden als seine erotische Attraktivität. Die erkennen wir meist schon auf den ersten Blick.
Und der zweite Weg?
Über dem zweiten Weg steht: Ich nehme jeden, der mich mag. Auch hier wird nicht wirklich gewählt. Findet der andere mich attraktiv, dann wird die ganze Maschinerie der Liebe in Gang gesetzt: Verlieben, erste Streitereien, der große Knall, entlieben … und dann geht alles wieder von vorne los. Wenn wir das nicht wollen, müssen wir uns aktiv entscheiden. Wenn der andere Qualitäten hat, die wir schätzen, läuft es besser.
Welche Rolle spielt das Internet bei der Partnersuche 2014?
Das Internet wird immer wichtiger. Heute lernt sich bereits ein Drittel aller Paare dort kennen. Das gilt zumindest, wenn wir uns die Altersgruppe 30 plus anschauen. Jüngere haben keine Probleme, täglich neue Menschen kennenzulernen. Die brauchen das Internet nicht. Erst ab etwa dem 30. Lebensjahr steht für die meisten die Arbeit und die Pflege ihrer guten Freundschaften so sehr im Mittelpunkt des Lebens, dass es immer schwerer wird, neue Menschen kennenzulernen. Eine der wichtigsten Regeln für die Liebe aber heißt: Gelegenheit macht Liebe. Und diese Gelegenheiten verschafft uns heute das Internet. Ich bin sehr froh darüber. Mancher meiner Klienten würde ohne das Netz viele Jahre suchen.
Virtuell kann jeder glänzen. Wie finde ich heraus, wie die Person wirklich tickt?
Das geht nur im realen Leben. Es ist eine Illusion zu glauben, man könne sich im Netz kennenlernen oder verlieben. Kennenlernen können wir uns in der persönlichen Begegnung – und wirklich nur da. Alles andere ist Schall und Rauch. Das Schlagwort »Partnersuche im Netz« führt uns in die Irre. Das Internet kann nur den ersten Kontakt vermitteln. Danach ist alles so wie vor 100 oder meinetwegen wie vor 1.000 Jahren. Die persönliche Begegnung entscheidet über die Liebe. Nichts anderes.
Alter spielt keine Rolle? Oder anders gefragt: Wie unterscheidet sich eine Suche mit 30 von der mit 50 Jahren?
In jedem Alter wird gesucht und wird gefunden. So gesehen spielt das Alter keine Rolle. Es gibt aber ein paar feine Unterschiede. Frauen suchen zwischen 30 und 40 etwas seltener als Männer. Das hat Folgen: Frauen in dieser Altersgruppe werden pausenlos angeschrieben und fühlen sich aus diesem Grund begehrt und umworben. Zwischen 40 und 50 ist davon schon nicht mehr viel zu spüren. In dieser Phase suchen etwa gleich viele Männer wie Frauen. Ab 50 dann gibt es mehr Frauen als Männer. Auch das hat Konsequenzen: Frauen dieser Altersgruppe müssen unbedingt aktiv werden, wenn sie ein Date haben wollen. Viele nehmen das den Männern übel. Das hilft aber nicht weiter. Frauen in diesem Alter müssen Männer von sich aus anschreiben – das ist schon alles.
Die frühe Beichte: Sollte man beim ersten Date über seine Schwächen sprechen?
Unter gar keinen Umständen! Sie befinden sich mitten in einem Flirt. Zu diesem Zeitpunkt erzählen Sie nichts von Ihrer schwierigen Krebserkrankung, Ihrer grauenhaften Scheidung oder dem Stress, den Sie neulich mit einem Kollegen hatten. Niemand sucht eine Problemnudel. Ich sage immer: Stellen Sie sich vor, Sie stehen bei einer Ausstellungseröffnung an einem Stehtischchen und zufällig steht ein netter Mann oder eine nette Frau neben Ihnen. Worüber unterhalten Sie sich? Natürlich über angenehme und positive Dinge. Worüber sonst?
Wir reden über das, was unser Leben interessant macht. Und genau das führt dazu, dass sich andere in uns verlieben! Liebe ist ein Wert-Erkennen, sagt die Wertphilosophie. Und sie hat recht: Es ist in dieser Phase nicht wichtig, welche Schwierigkeiten und Probleme unser Leben mit sich bringt. In unsere Schwächen verliebt sich niemand, in unsere Vorzüge schon. Deshalb ist es sehr wichtig, sie genau zu kennen.