Professionelle Sprecher gehen ins Studio und stellen sich blitzschnell auf eine sprecherische Herausforderung, eine Situation, einen Text oder eine Rolle ein. Im Alltag dagegen tun wir uns manchmal schwer, kraftvoll und überzeugend zu klingen. Das betrifft vor allem Präsentationen und Telefonate. Da lohnt sich doch ein Blick ins Tonstudio, um sich von den Profis inspirieren zu lassen – und um zu erfahren, was unsere Stimme alles kann!
Der Körper.
Der Körper spricht immer mit. Ein aufmerksamer Gesprächspartner kann hören, ob Sie beim Telefonat passiv im Sessel hängen oder ob Sie aktiv sind, aufrecht sitzen, stehen oder gehen. Mein Tipp: Binden Sie Ihren Körper in jeder Sprechsituation ein. Am besten klingt Ihre Stimme, wenn Sie sich körperlich Raum verschaffen und sich königlich aufrichten. Das Beste daran: Es macht gute Laune!
Die Atmung.
Der althergebrachte Tipp bei Aufregung »Atme doch mal tief durch!« bewirkt oft das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollen. Sie atmen dadurch eher in den Brustkorb als in die tiefen Atemräume. Wenn Sie sich beruhigen wollen, atmen Sie besser in den Bauch. Wie Sie das anstellen? – Das klappt oft gut, indem Sie gezielt ausatmen und dann den Atem langsam und locker einfach kommen lassen. Konzentrieren Sie sich einfach auf das Ausatmen, wenn Sie nervös sind, dann werden Sie automatisch ruhiger vor Ihrer Präsentation. Vor anderen zu sprechen ist eine der größten Ängste der Menschen. Entspannen Sie sich – mit einer ruhigen, tiefen Ausatmung.
Der Stimmklang.
Eine hohe, vielleicht sogar schrille Stimme versetzt uns in Alarmbereitschaft, eine entspannte Stimme vermittelt uns Sicherheit und Souveränität. Im Verhandlungsgespräch sollte Ihre Stimme Gelassenheit signalisieren, das entspannt die Situation und Sie selbst. Aber was ist eine entspannte Stimme? – Legen Sie eine Hand auf Ihr Brustbein und summen etwas. Der Ton, bei dem Ihr Brustbein zu brummen beginnt, ist ein entspannter Stimmton. Denken Sie an etwas Angenehmes, an etwas Leckeres zu essen, an einen wunderschönen Ausblick, an einen Strand oder was auch immer Sie in einen Zustand des Genusses versetzt. Dann summen Sie leicht: »Hmmmm!« – Jetzt ist Ihre Stimme entspannt.
Die Artikulation.
Schnelles, lasches Sprechen ist Fast Food für die Ohren. Genussvolles, knackiges Sprechen verwöhnt die Ohren der Zuhörer. Füttern Sie Ihre Zuhörer mit einer klaren Aussprache. Ein kleines Training hilft Ihnen dabei: Kreisen Sie mit Ihrer Zunge hinter den geschlossenen Lippen, fünf Mal in jede Richtung. Sprechen Sie danach eine kleine Begrüßung mit eingezogenen Lippen, sozusagen ohne Zähne. Das wird Sie amüsieren, denn es ist ungewöhnlich. Aber danach werden Sie Ihr Mundwerk viel besser wahrnehmen und dadurch deutlicher sprechen, während Sie ein Meeting leiten.
Das Tempo.
Immer wieder kommen Menschen zu mir und klagen: »Ich spreche zu schnell, andere können mir nur schwer folgen oder driften ab.« Die Ursachen sind vielfältig: Entweder Sie servieren sprecherisches Fast Food, dann sollten Sie Ihre Aussprache schärfen. Ein besonderes Augenmerk verdienen dabei die Vokale, sie tragen die Stimme und drosseln das Tempo. Achten Sie auf die Vokale, geben Sie ihnen Raum. Nutzen Sie außerdem Möglichkeiten, Pausen zu machen. Persönlichkeit braucht Bewegungsfreiheit, breiten Sie Ihre Stimme genussvoll im Raum aus. Mein Tipp: Denken Sie daran, dass die Menschen, die Ihnen zuhören, innerlich Antworten geben. Ihre Zuhörer merken sich mehr, wenn Sie diesen inneren Abgleich zulassen, indem Sie angemessen sprechen und Ihnen Pausen gönnen.
Die Betonung.
Im freien Sprechen betonen wir intuitiv richtig. Bei gelesenen, vielleicht sogar fremden Texten gelingt das nicht so leicht. Hier betonen wir oft anders, als es sinnvoll wäre. Ein kleiner Tipp für das Vorlesen: Suchen Sie sich immer den stärksten Sinnträger heraus. Dem lassen Sie dann ein wenig mehr Aufmerksamkeit angedeihen als den anderen Wörtern. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, solche Sinnträger zu betonen: Die beiden häufigsten bestehen darin, die Tonhöhe oder die Dynamik zu verändern. Je nachdem, wie emotional Sie klingen möchten, variieren Sie: je sachlicher, desto weniger Melodie –je emotionaler, desto größer die Wechsel in der Tonhöhe. Aber sprechen Sie bitte immer der Situation angemessen.
Wenn Sie an weiteren Tipps zum Thema »Sprechen wie der Profi« interessiert sind, lesen Sie einfach das neue Buch von Stimm- und Sprechtrainerin Dr. Monika Hein.