»Es ist gut, dass die Menschen unser Banken- und Geldsystem nicht verstehen. Sonst hätten wir noch vor morgen früh eine Revolution.« Diesen Satz hat Henry Ford einmal gesagt. Liest man das neue Buch des streitbaren Ökonomen Walter Krämer über die Euro-Rettung, muss man Ford beipflichten. Denn was der Professor von der Universität Dortmund über die Kosten der Rettungsschirme und die Belastungen für deutsche Sparer und Rentner enthüllt, macht fassungslos – und zornig. Auf die besorgte Frage, ob uns die Konsolidierung desolater Haushalte in Griechenland, Spanien oder Portugal und die Stabilisierung der Einheitswährung etwas kosten könnte, hat Krämer eine eindeutige Antwort: Sie könnte es nicht nur, sie tut es bereits und sie wird es noch lange tun. Mögen die aufgespannten Rettungsschirme das Siechtum einiger nationaler Haushalter verlängern und das Vermögen südeuropäischer Milliardäre sichern – uns Deutsche lässt der Schirm im Regen stehen.
Die Streitschrift sticht mitten hinein in die auch von der Politik getragene Vernebelungs- und Beruhigungsrhetorik. Krämer spricht Klartext, seine Diagnose lautet: Der Euro ist klinisch tot. Die aktuelle Eurozone wird in ihrer jetzigen Form nicht überleben. Und die Europäische Zentralbank ist dabei, Deutschlands Zukunft zu ruinieren. Indem sie verbotenerweise Staatsanleihen kauft und Krisenländern versteckte Kredite gibt, hat sie ihre Unabhängigkeit verkauft und sich zum Handlanger gemacht. Krämer erklärt auch, welche gewaltige Sprengkraft das wenig beachtetet »Target-Problem« des grenzüberschreitenden Geldverkehrs hat. Letztlich läuft alles darauf hinaus, dass die deutsche Wirtschaft, die deutschen Rentenkassen und Sozialsysteme – und damit unser aller Geld und unsere Sicherheiten – extrem hohen Belastungen und Risiken ausgesetzt sind. Droht ihnen der Untergang und damit das Ende unseres Wohlstandes? Laut Krämer steuern wir wie die Titanic auf den Eisberg zu und zum Ausweichen bleibt nicht mehr viel Zeit.
Krämer entlarvt den Euro in seiner jetzigen Form als Zeitbombe, der die deutsche Politik erpressbar gemacht hat. Eines aber tut er nicht: Die »Idee Europa« an das Schicksal des Euro zu ketten. Anders ausgedrückt: Er zeigt, dass Europa diesen Euro und diese Finanzpolitik nicht verdient hat. Indem Krämer Licht in die undurchsichtigen Zusammenhänge der Euro-Krise bringt, streitet er vehement für eine andere Art der Geld- und Wirtschaftspolitik. Denn klar ist: Es ginge auch anders. Dafür müssen wir – als Betroffene, vor allem aber als Wähler – aber auch verstehen, was wir aus Sicht der Regierungen besser nicht verstehen sollten. Krämer macht es uns verständlich.
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