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Aufgaben zu Kapitel 6:
Sozialisation


Aufgabe zur empirischen Anwendung von Sozialisationskonzepten

Hermann Veith
 

Kapitelinhalt

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den anthropologischen Voraussetzungen der Sozialisation, ihren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie verschiedenen Phasen und Instanzen der Sozialisation.

Einleitung

Dass die Schule als Sozialisationsinstanz im Leben von Heranwachsenden eine immer größere Rolle spielt, lässt sich auch daran erkennen, dass in Deutschland innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte der Anteil der Schulen mit Ganztagsangeboten im Primar- und Sekundarbereich I von 16 auf knapp 70 Prozent gestiegen ist. Im Grundschulbereich wird in den nächsten Jahren sogar die Vollversorgung aller Kinder mit Ganztagsschulplätzen angestrebt. Damit verbunden ist eine deutliche Ausweitung des Erziehungsauftrags. Die Schule soll nicht mehr nur die Weitergabe von grundlegenden Wissensbeständen sicherstellen, sondern auch den Erwerb von sozialen und personalen Kompetenzen anleiten – und dieser Erwerb findet sowohl im Unterricht als auch im schulischen Miteinander der unterschiedlichen Gruppen statt. Der dafür maßgebliche Handlungsrahmen basiert auf Ordnungen und Ordnungsvorstellungen, die etwas aus der Zeit gefallen scheinen. Die Lernenden werden, noch als Kinder und bevor sie ihre kognitiven Leistungsfähigkeiten voll entwickelt haben, nach unterschiedlichen Schulformen aufgeteilt. Sie lernen im 45-Minuten Stundentakt. Die Inhalte sind nach Fächern sortiert. Die Reihenfolge der Lerngegenstände ist durch Lernplanvorgaben normiert. Man setzt sich mit »Stoffen« auseinander, deren kurzfristiger Erwerb periodisch überprüft wird. Die dabei erbrachten Leistungen werden in Noten gemessen und sind für die Schulkarriere folgerelevant. Das dominante Setting ist der lehrkräftezentrierte Plenarunterricht und selbst nach der Schule müssen zu Hause weitere Aufgaben erledigt werden. Diese Ordnung erscheint vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nur deshalb so selbstverständlich, weil sie die damit verbundenen Routinen und Regeln inkorporiert und verinnerlicht haben.  Dass es auch anders gehen kann, zeigen die vielen praktischen Beispiele aus dem Wettbewerbskontext des Deutschen Schulpreises.

Diese werden auf der Website des Deutschen Schulportals anschaulich dargestellt und auch fachlich erläutert:

deutsches-schulportal.de

Man findet hier zahlreiche Beispiele, die zeigen, wie Schule und Unterricht auch anders gestaltet werden können. Man lernt andere, in der Schulpraxis erprobte und bewährte Handlungsmodelle kennen, die vor allem auch zeigen, was an öffentlichen und privaten Schulen in Deutschland pädagogisch gemacht wird und möglich ist.

 

Link

https://deutsches-schulportal.de/

 

Themen und Diskussion

Wer sich die kleinen Filme, die im Deutschen Schulportal zugänglich sind, ansieht, gerät schnell in Staunen. Allerdings erzeugen die Beispiele von innovativen Schul- und Lernkulturen bei Vielen auch Irritationen und Ängste. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass Schülerinnen und Schüler über längere Zeit aus intrinsischen Motiven lernen. In den darin sich meldenden Zweifel kommen ganz offenbar biografische Erfahrungen zum Tragen, die mit dem eigenen schulischen Erleben in der Schülerrolle zusammenhängen. In Sätzen wie »Uns haben das Pauken und die Strenge ja auch nicht geschadet« zeigen sich die alten, traditionellen Vorstellungen von Belehrung und Autorität – und so wirken überkommene schulische Praktiken in unserem alltagspsychologischen Selbstverständnis nach und torpedieren nicht selten die Weiterentwicklung von Schule und Unterricht.

Nutzen Sie vor diesem Hintergrund die Auseinandersetzung mit den Filmclips des Deutschen Schulportals, um ihre eigenen, im Sozialisationsprozess erworbenen schulbezogenen Erfahrungen und Vorstellungen zu reflektieren. Folgende Fragen, die sie auch mit anderen in Gruppen thematisieren können, sollen ihnen dabei helfen, die sozialisatorischen Wirkungen von Schule zu reflektieren.

  1. Wie verstehen die Lehrpersonen in den Filmclips ihre Aufgabe und Rolle?
  2. Wie wird die soziale Beziehung zwischen Lehrkräften und ihren Schülerinnen und Schüler in den Filmclips definiert?
  3. Deckt sich die dargestellte Praxis mit den Erfahrungen, die Sie selbst als Schülerinnen oder Schüler in ihrer Schulzeit gemacht haben?
  4. Wie sollten Lehrerinnen oder Lehrer agieren, damit sich zwischen ihnen und ihren Schülerinnen und Schüler ein Vertrauensverhältnis entwickelt kann?
  5. Welche Konsequenzen haben ihre Einsichten für das Verständnis und die Gestaltung pädagogischer Arbeitsbeziehungen?

 

Über den Verfasser

Hermann Veith ist Professor für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Sozialisationsforschung an der Georg- August-Universität Göttingen und Leiter des Netzwerks Lehrkräftefortbildung. Er ist Fachlicher Leiter des Regionalbüros Hamburg der Deutschen Schulakademie und Vorstandsvorsitzender des Fördervereins Demokratisch Handeln. Arbeitsschwerpunkte: Sozialisation, Kompetenzbildung, Soziales Lernen, Schulentwicklung und Demokratiepädagogik.

zu allen Werken des Autors bei Campus

Copyright: Hermann Veith

 


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