Fritz Sack
Dieses Kapitel befasst sich mit Handlungen, die als Abweichungen, also die geltenden Normen einer bestimmten Gruppe oder Gesellschaft verletzend, wahrgenommen werden.
Der Soziologe Heinrich Popitz stellte bereits in einem Essay im Jahre 1968 Überlegungen darüber an, dass die kriminologische Forschung »[…] die Resultate des Selektionsprozesses der staatlichen Sanktionsapparatur reflektiert. Die ›Täter‹ der Kriminologie sind folglich […] nicht die Normbrecher, sondern die Teilgruppe der dingfest gemachten Normbrecher, mit ihren erweislich höchst besonderen Merkmalen. Insofern die Sündenregistratur der Kriminologie diesen institutionellen Selektionsprozess reflektiert […], verdoppelt sie Realitäten, die zu untersuchen wären«. (Über die Präventivwirkung des Nichtwissens. Dunkelziffer, Norm und Strafe Tübingen 1968, S. 22f.)
In einem Dossier zum Thema der „Diskriminierung bei der Polizei“ spricht das Antidiskriminierungsbüro Köln von »Racial Profiling« als einer gezielten polizeilichen Kontrolle von Personen, die »aufgrund äußerlicher Merkmale, wie Haut- und Haarfarbe, Kleidung, religiöser Symbole oder ihrer Sprache als nicht-deutsch gedeutet« werden (S. 9; Link zur Broschüre unter »Link«).
1. Was bedeutet diese Forschungspraxis der traditionellen Kriminologie mit Bezug auf die angestrebte Identifizierung von »ursächlichen Zusammenhängen«?
2. Wie funktioniert dieser institutionelle Selektionsprozess im Einzelnen: beschreiben Sie die institutionelle und handlungstheoretische Karriere einer kriminellen Handlung von ihrer Entstehung bis zu ihrer strafrechtlichen »Erledigung«. Beziehen Sie die Kritik des Antidiskriminierungsbüros am »Racial Profiling« mit ein.
3. Was weiß die Kriminalsoziologie über die Teilgruppe der nicht erfassten Normbrecher?
4. Entwerfen Sie ein Forschungsprojekt zur genaueren Bestimmung der selektiv privilegierten Normbrecher.
5. Formulieren Sie einige Überlegungen zu den erforderlichen validen und reliablen Methoden kriminalsoziologischer Forschung zur Identifizierung »falsch Positiven« der Kriminalität.
Fritz Sack ist Professor em. für Soziologie und Kriminologie. Von 1970–1974 hatte er die Professur für Soziologie an der Universität Regensburg inne, von 1974–1984 die Professur für abweichendes Verhalten und soziale Kontrolle an der Universität Hannover und von 1984–1996 die Professur für Kriminologie am Aufbau- und Kontaktstudium Kriminologie der Universität Hamburg.
Sie haben Anregungen und Fragen zu unserem Online-Angebot oder möchten einen fehlerhaften Link melden?
Sie haben eigene Ideen für weitere Anwendungsaufgaben, die Sie hier veröffentlichen wolllen? Reichen Sie Ihre Ideen ein, wir stellen sie gerne in unserem Online-Angebot zur Verfügung.
Haben Sie eine Frage? Dann schreiben Sie uns: lehrbuch.soz(at)campus.de